Immobilienmonitor: Resilienter Immobilienmarkt

25. Oktober 2022

Der aktuelle Immobilienmonitor der Credit Suisse lohnt sich, zu lesen! Wir teilen gerne das Management Summary mit den wichtigsten Punkte mit Ihnen:

Resilienter Immobilienmarkt

Die hartnäckige Inflation und steigende Zinsen konnten dem Schweizer Immobilienmarkt bisher nur wenig anhaben. An den Börsen mussten die indirekten Immobilienanlagen zwar Rückschläge hinnehmen, diese waren aber teilweise auf Rebalancing-Effekte zurückzuführen. Die Resilienz des Marktes ist jedoch nicht absolut, und Wertkorrekturen sind mittelfristig wohl nicht zu vermeiden.

 

Stabile oder gar weiter steigende Immobilienpreise

Die Inflation überrascht durch ihre Hartnäckigkeit weiterhin sowohl Marktakteure als auch Zentralbanker. Die Leitzinsen vieler Zentralbanken werden daher stärker und länger angehoben werden müssen. Ob die Immobilienpreise in der Schweiz dem Druck der steigenden Zinsen auch langfristig werden standhalten können, ist schwierig zu beurteilen. Bis zum Spätsommer 2022 waren in der Schweiz keine rückläufigen Immobilienpreise festzustellen – mit Ausnahme von speziellen Teilsegmenten. Dies im Gegensatz zu gewissen ausländischen Märkten wie Kanada, Neuseeland, Schweden oder Australien, wo die Preise bereits korrigieren. Die bisherige Widerstandskraft der Schweizer Immobilienmärkte dürfte zu einem nicht unerheblichen Teil der guten Verfassung der Schweizer Konjunktur zu verdanken sein. Dies widerspiegelt sich am Arbeitsmarkt, dem es derzeit blendend geht. Noch nie wurden in der Schweiz derart viele Stellen geschaffen wie im 2. Quartal des laufenden Jahres. Die Zahl der offenen Stellen erreichte ebenfalls einen Rekordwert, und die Arbeitslosenquote bewegt sich seit dem Frühling 2022 im Bereich von 2.2%, dem tiefsten Wert der letzten 20 Jahre.

 

Konsum stützt das Wachstum und damit auch Immobilien

Darauf, dass dieser Zustand vergänglich ist und der Arbeitsmarkt wohl kaum in der aktuellen Verfassung überwintern dürfte, deutet allerdings die Entwicklung der Zahl der Temporärarbeitskräfte hin, die im bisherigen Verlauf des Jahres 2022 den hohen Stand aus dem Vorjahr nicht wieder zu erreichen vermochte. Vorderhand sorgen die starken Arbeitsmarktzahlen für eine hohe Jobsicherheit bei den Konsumenten und äussern sich in einem kauffreudigen Konsumverhalten, obwohl die Konsumentenstimmung gemäss offiziellen Umfragen eigentlich im Keller ist. Aus diesem Grund beurteilen wir die Wirtschaftsentwicklung hierzulande trotz des schwierigen globalen Umfelds nach wie vor verhalten optimistisch.

 

Eigentumspreise steigen trotz höherer Zinsen

Es wäre falsch zu glauben, die deutlich gestiegenen Hypothekarzinsen hätten keinen Einfluss auf die Nachfrage nach Wohneigentum. Immerhin haben sich die Hypothekarzinskosten bei Neuabschlüssen seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt. Die höheren Zinskosten reduzieren aber in erster Linie die Übernachfrage nach Wohneigentum. Konnten Makler in der Vergangenheit noch aus 15 bis 20 Interessenten pro Eigentumsobjekt auswählen, sind es derzeit vielleicht noch drei bis vier. Weil die Neubautätigkeit weiterhin rückläufig ist, bleibt indessen ein gewisser Nachfrageüberhang bestehen. Der Konkurrenzkampf um das knappe Angebot sorgt daher vorderhand noch für steigende Preise. Der Zenit der Preisentwicklung dürfte aber erreicht sein. Wir erwarten wegen der sinkenden Nachfrage mit der Zeit eine deutlich geringere Preisdynamik.

 

Babyboomer lassen auf leichte Entspannung beim Wohneigentum hoffen

Wegen der Baulandknappheit und der Präferenz für den Bau von Mietwohnungen war der Neubau von Eigenheimen in den vergangenen Jahren nur noch ein Schatten früherer Zeiten. Kein Wunder werden die Eigenheimpreise stets auf neue Höchststände getrieben und lassen dadurch viele Eigenheimwünsche unerfüllt. Für viele Haushalte bleibt damit die Übernahme des Hauses oder der Wohnung einer älteren Person eine der wenigen Möglichkeiten, um überhaupt noch zu Wohneigentum zu gelangen. In Zukunft dürfte dieser Weg vermehrt offen stehen, denn die geburtenstarken Babyboomer, die gegenwärtig mehr als 40% der Schweizer Eigenheime besitzen, kommen allmählich ins Alter mit hoher Sterblichkeit. In Zukunft dürften daher mehr und mehr Häuser auf den Markt gelangen oder an die jüngere Generation vererbt werden. Während aktuell noch weniger als 10’000 Objekte von allen Generationen hinterlassen werden, steigt diese Zahl bis 2045 auf bis zu 50’000 Objekte. Dies könnte dazu beitragen, dass sich die angespannte Lage am Wohneigentumsmarkt längerfristig leicht entspannt.

 

Beschleunigter Rückgang der Leerwohnungen

Die Spatzen haben es bereits von den Dächern gepfiffen: Alle Indikatoren auf dem Mietwohnungsmarkt deuteten darauf hin, dass die Zahl der Leerwohnungen im Jahr 2022 erneut kräftig sinken wird. Mitte September gab das Bundesamt für Statistik bekannt, dass dieses Jahr 9869 weniger Leerwohnungen gezählt wurden. Mit diesem Minus wurde gar der stärkste Rückgang seit 1978 verzeichnet und auch unsere Prognose eines Rückgangs von 8’000 Wohnungen wurde übertroffen. Noch liegt die Leerwohnungsziffer mit 1.31% (Vorjahr: 1.54%) zwar über dem langjährigen Mittel von 1.11%, sie nähert sich diesem aber mit hoher Geschwindigkeit. Die Trendwende, die 2021 einsetzte, hat sich folglich beschleunigt. Der Rückgang ist breit abgestützt und betrifft sämtliche Segmente, alle Wohnungsgrössen und eine grosse Mehrheit der Regionen. Verantwortlich für den tieferen Leerstand sind die rückläufige Bautätigkeit und der Anstieg der Nachfrage infolge von Wirtschaftswachstum und Zuwanderung.

 

Zuwanderung kurbelt Wohnungsnachfrage an

Die Schweiz bleibt für Arbeitsmigranten ein begehrtes Ziel. Der hiesige Arbeitsmarkt läuft heiss, es herrscht in verschiedenen Branchen Fachkräftemangel, und das Beschäftigungswachstum ist ausserordentlich hoch. Allein in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres überstieg die Anzahl Zuzüge das Vorjahresniveau daher um 13’600, während die Wegzüge sogar ein leichtes Minus verzeichneten (–200). In 23 der 26 Kantone lag der Wanderungssaldo der letzten zwölf Monate über dem Mittelwert der letzten fünf Jahre – in einigen davon sogar um 50% und mehr. Für das Gesamtjahr 2022 dürfte ein Wanderungssaldo von rund 75’000 erreicht werden (Vorjahr: 60’600; Schweizer Bürger miteingerechnet). Die hohe Zuwanderung treibt die Wohnungsnachfrage an und ist mit ein Grund dafür, dass die Leerstände weiter sinken und die Mietpreisindizes nach oben gedreht haben. Dazu beitragen dürfte auch die hohe Nettozahl von bisher 60’000 schutzbedürftigen Personen aus der Ukraine, die zwar (noch) nicht zur ständigen Wohnbevölkerung gezählt werden, mit zunehmender Aufenthaltsdauer aber ebenfalls vermehrt als Nachfrager auf dem Wohnungsmarkt auftreten werden.

 

Energiepreisschock löst Umdenken aus

Die Bauwirtschaft hofft seit Langem darauf, dass energetische Sanierungen die Umbau- und Renovationszahlen nach oben treiben. Die stark steigenden Energiepreise scheinen nun diesbezüglich eine gewisse Wirkung zu entfalten. Das Volumen eingereichter Umbaugesuche lag in den vergangenen sechs Monaten insgesamt um 22% über dem 10-jährigen Mittelwert. Zwar dürften auch andere Gründe, wie zum Beispiel das begrenzte Angebot an Neubauobjekten, die Umbauumsätze steigen lassen, aber mit energetischen Massnahmen lässt sich die Wirkung eines Umstiegs auf Wärmepumpe und Solarenergie erheblich steigern. Beide Technologien verzeichnen einen regelrechten Boom und vermögen die Nachfrage aktuell gar nicht vollständig zu befriedigen, was Wartefristen nach sich zieht. Die Gründe für das Umdenken vieler Immobilieneigentümer liegen auf der Hand. Die wilden Ausschläge der Energiepreise machen sich allmählich beim Endverbraucher bemerkbar. So lag der durchschnittliche Endverbraucherpreis für Heizöl in den ersten acht Monaten des Jahres 2022 um rund 60% über dem Durchschnitt von 2021, während der durchschnittliche Preis für Gas im selben Zeitraum um 43% über dem Durchschnitt von 2021 notierte. Der Kostenvorteil von Wärmepumpen ist dadurch auf 65% gestiegen, nachdem er im Vorjahr erst 48% ausmachte. Zwar dürfte dieser Vorteil im kommenden Jahr wieder leicht sinken, weil auch die Strompreise im Schnitt um 27% höher ausfallen. Mit 54% bleibt allerdings ein substanzieller Kostenvorteil bestehen, der die Amortisationsdauer der typischerweise höheren Investitionskosten erheblich verkürzt.

 

Immobilien nicht mehr alternativlos

Während Jahren gab es kein Vorbeikommen an Immobilienanlagen. Im Zuge der kräftig steigenden Zinsen schwindet jedoch deren Unwiderstehlichkeit, weil die Renditedifferenzen enger werden. Im Falle von Immobilienfonds verharrten die Spreads jahrelang bei über 250 Basispunkten (Bp.). Mit der Zinswende, die sich im letzten Dezember einstellte, sind die Renditedifferenzen nun aber geschmolzen und notieren nur noch knapp über dem historischen Mittelwert, im Falle von Immobilienaktien und Direktanlagen in Immobilien sogar darunter. Damit ist auch die Überzeugung erodiert, dass es keine Anlagealternative zu Immobilien gibt. Zwar dürften sich die Immobilieninvestoren mit Umschichtungen in Anleihen vorerst noch zurückhalten, solange sich kein Ende des Reigens der Leitzinserhöhungen durch die Zentralbanken abzeichnet, aber Immobilienanlagen haben trotzdem an Unwiderstehlichkeit eingebüsst. Im Zuge weiterer Zinsanstiege dürfte folglich der Anlagedruck bei Immobilien weiter schwinden, sodass künftige Preisanstiege von Renditeliegenschaften immer unwahrscheinlicher werden, ja mittelfristig sogar mit Wertkorrekturen gerechnet werden muss. Aufwärtsdruck auf die Renditen ist in Zukunft praktisch nur mit Mietertragswachstum zu verhindern. Folglich kommt der Situation auf den Nutzermärkten künftig eine erhöhte Bedeutung zu. Die aktuell gute Verfassung der Schweizer Immobilienmärkte mit rückläufigen Angebotsquoten ist diesbezüglich eine gute Nachricht.

Quelle: Credit Suisse, Immobilienmonitor Schweiz, September 2022

 

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