Credit Suisse Immobilienmonitor

3. Juni 2022

Die Credit Suisse hat diese Woche den Immobilienmonitor Schweiz vom 2. Quartal 2022 veröffentlicht. Hier finden Sie das Management Summary über die aktuellsten Entwicklungen auf dem Schweizer Immobilienmarkt:

 

Immobilienmarkt vor veränderten Vorzeichen

Eine scheinbar nie enden wollende Phase tiefer Zinsen hat die Immobilienwerte in luftige Höhen steigen lassen. Die COVID-19-Pandemie und ihre Folgen haben dieser Tiefzinsära nun aber ein Ende bereitet. Den Umgang mit herausfordernden Situationen müssen viele Immobilienbesitzer und Marktakteure allerdings erst wieder lernen.

Während grosszügige fiskalpolitische Unterstützungsmassnahmen zur Abfederung der Pandemiefolgen die Konsumnachfrage weltweit kräftig ankurbelten, führten pandemiebedingte Lockdowns zu Lieferkettenunterbrüchen, die wiederum Händler und Produzenten zu höheren Vorausbestellungen von Vorleistungsgütern veranlassten. Dies geschah nicht nur vereinzelt, sondern weltweit und auf breiter Front, da die Pandemie die konjunkturellen Beschleunigungs- und Bremswirkungen in einem bisher beispiellosen Ausmass synchronisierte. Kein Wunder steigen die Preise, zumal Verfügbarkeit gegenwärtig einen höheren Stellenwert hat als Preiskonstanz. In dieser Ausgangslage verschärfen der russische Angriffskrieg in der Ukraine sowie die Null-COVID-Strategie in China die Störungen in den Lieferketten und drohen die hohen Inflationszahlen zu verstetigen.

Im letzten Jahr schenkten die Märkte den Beteuerungen der Zentralbanken, die Inflation sei ein temporäres Phänomen, bereitwillig Glauben. Als sich gegen Ende des Jahres allerdings keine rückläufigen Inflationsraten einstellten, revidierten die Märkte ihre Erwartungen, was sich in kräftigen Zinsanstiegen bei längeren Laufzeiten niederschlug. Inflationsraten auf 40-Jahre-Hochs zwingen die Zentralbanken in den USA und wohl bald auch in der Europäischen Union (EU) zum Handeln, wollen sie ihre Glaubwürdigkeit nicht vollends verlieren. Steigende Zinsen sind für Immobilien grundsätzlich keine gute Nachricht, da die Bewertungen von Immobilien wegen deren langer Lebensdauer sehr sensibel auf Veränderungen der Zinsen reagieren. Dennoch ist die Ausgangslage nicht in jedem Fall klar. Werden anziehende Zinsen von einem kräftigen Wirtschaftswachstum begleitet, können die Immobilienwerte auch steigen, sofern das Mietpreiswachstum den Effekt höherer Zinsen überkompensiert. Wenn allerdings stagflationäre Entwicklungen Mietpreiserhöhungen verunmöglichen oder – wie in der Schweiz – ein sehr träges Referenzzinssatzsystem bei Mietwohnungen zur Anwendung gelangt, können Vermieter ihre steigenden Finanzierungskosten erst mit Verzögerung an die Mieter überwälzen.

Wie rasch der Referenzzinssatz zu steigen beginnt, ist in erster Linie abhängig vom unterstellten Zinsszenario. Dank eines eigenen Modells für den Referenzzinssatz können wir dessen Verhalten für jedes Zinsszenario relativ gut vorhersagen. Bei einem Extremszenario von 15 Leitzinserhöhungen durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) um jeweils 25 Basispunkte, beginnend im September 2022, würde der Referenzzinssatz erst Ende 2023 – zwei Jahre nach der Zinswende – erstmals ansteigen. Bei einem wahrscheinlicheren Szenario von sieben Anhebungen des SNBLeitzinses bis auf 1% würde die erste Erhöhung des Referenzzinssatzes Mitte 2024 erfolgen. Sollte die SNB im anderen Extremszenario die Leitzinsen nur geringfügig bis auf ein Niveau von 0% anheben und dann konstant belassen, würde ein erster Anstieg wohl erst gegen Ende 2027 in Reichweite rücken. Für die Besitzer von Wohnliegenschaften bedeutet dies, dass sie höhere Zinskosten nur mit einer beträchtlichen Verzögerung an die Mieter überwälzen können.

Auf veränderte Verhältnisse müssen sich auch die Eigenheimbesitzer einstellen. Käufer einer Eigentumswohnung müssen erstmals seit 13 Jahren wieder mehr bezahlen als für eine vergleichbare Mietwohnung. Diese Trendwende ist auf die jüngst starken Zinsanstiege bei Fix-Hypotheken zurückzuführen und dürfte sich fortsetzen. Zwar liegen die Kosten für die Hypothekarzinsen nach wie vor klar tiefer als vergleichbare Wohnungsmieten, aber die hohen Eigentumspreise schlagen sich auch in höheren Unterhaltskosten nieder. In Kombination mit weiteren Kostenfaktoren bezahlen Neueigentümer seit dem 1. Quartal dieses Jahres wieder mehr als Mieter. Dies dürfte eine dämpfende Wirkung auf die Nachfrage nach Wohneigentum ausüben. Im 1. Quartal 2021 ist die Zahl der Transaktionen denn auch schon spürbar zurückgegangen.

Spuren hinterlassen die Sondereffekte der Pandemie und des Kriegs in Osteuropa auch in der Bauwirtschaft. Bereits 2021 führte die Verknappung von wichtigen Baustoffen auf Schweizer Baustellen zu kräftig anziehenden Preisen. Im Oktober 2021 belief sich die Baupreisteuerung für Hochbauarbeiten bereits auf 4.6% zum Vorjahr. Dies markierte den stärksten Preisanstieg seit Messbeginn im Jahr 1998. Und das Bauen dürfte sich weiter verteuert haben: In den letzten Wochen sind die Preise von Metallprodukten wie Bewehrungsstahl und Aluminium geradezu explodiert. Alteingesessene Kenner der Bauwirtschaft berichten, sie hätten eine derartige Teuerung im Bau noch nie erlebt. Während Verzögerungen von ganzen Bauprojekten aufgrund fehlender Baumaterialen bisher die Ausnahme geblieben sind, müssen sich die Bauherren auf weiter steigende und stark schwankende Preise und Lieferfristen einstellen. Einerseits erschwert dies die Planungssicherheit, andererseits tragen die höheren Baupreise zur ohnehin schon starken Renditekompression bei Immobilieninvestitionen bei. Die massiv höheren Baupreise könnten Immobilieninvestoren dazu veranlassen, Projekte mit zu knapper Marge zurückzustellen oder nicht dringliche Investitionen im Bestand hinauszuzögern.

Während Immobilieninvestoren immerhin die Wahl haben, auf ein Investment zu verzichten oder eine Sanierung auf die lange Bank zu schieben, gibt es für die Mieter kein Entkommen vor höheren Nebenkosten. Wegen des Ausbruchs des Ukraine-Kriegs und der drohenden Knappheit von Energierohstoffen sind die Grosshandelspreise für Heizöl, Erdgas und Strom förmlich explodiert. Je nach Energieträger sind die Mieter dem Kostenanstieg jedoch unterschiedlich stark ausgesetzt: Für Bewohner von Wohnungen mit fossilen Heizenergieträgern, die noch immer rund 60% am Total ausmachen, kann der Energiepreisschub im Jahr 2022 einen Anstieg der Heizkosten von rund 38% bedeuten. Die Heizenergiekosten der durchschnittlichen Wohnung mit Wärmepumpe sind dagegen lediglich um 3% gestiegen und liegen damit nun gut 60% unter den Kosten fossiler Energieträger. Es drohen jedoch noch höhere Belastungen, denn aufgrund der Trägheit des Gaspreises für Endkunden und der Regulierung der Preise für Haushaltsstrom sind die Preisanstiege bisher noch nicht vollumfänglich bei den Schweizer Haushalten angekommen. Gesamtheitlich betrachtet stehen den massiv reduzierten Betriebskosten bei einer Wärmepumpenheizung vergleichsweise hohe Investitionskosten gegenüber. Diese lassen sich jedoch vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Preise fossiler Energiequellen immer rascher amortisieren. Basierend auf den jüngsten Energiepreisen zahlt sich die Installation einer Luft-Wasser-Wärmepumpe gegenüber einer Öl- oder Gasheizung heute bereits nach acht bzw. neun Jahren aus.

Zuletzt beruhten die Renditen von Immobilienobjekten immer stärker auf Wertzuwächsen, die jedoch in Zukunft fehlen oder zumindest deutlich geringer ausfallen dürften. Denn spiegelbildlich zum Anstieg der Langfristzinsen sind die Renditeprämien von direkten und indirekten Immobilienanlagen gegenüber sicheren Anlagen gesunken. Mit fortschreitender Zinswende dürften Immobilienanlagen weiter an Attraktivität verlieren, da Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen guter Qualität als Alternative wieder vermehrt infrage kommen. Damit fehlt künftig der Motor für weitere Senkungen der Diskontierungssätze und automatische Wertzuwächse. Der Fokus der Anleger wird sich daher voraussichtlich wieder stärker auf das Wachstum und die Sicherheit der Immobilienerträge richten.“

Quelle: Credit Suisse AG, Immobilienmonitor Schweiz Juni 2022

 

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